Renovierung 2004-2012

Instandsetzung von Dachwerk und Gewölbe, Restaurierung von Putz und Stuck, Raumschale, Deckengemälde und Ausstattung.

Die Instandsetzung der Klosterkirche
St. Dionysius und Juliana in Schäftlarn

(Pressemitteilung vom 28.06.2011)

Etwa 20 Kilometer südlich von München liegt das Benediktinerkloster Schäftlarn malerisch im Isartal. Es wurde bereits im Jahre 762 von den Benediktinern gegründet und bestand ab dem Jahr 1140 als Prämonstratenserkloster. Nach wechselvollen Jahrhunderten, die neben schweren Prüfungen wie Feuersbrünsten, Überschwemmungen und Pest auch eine stetige Mehrung des klösterlichen Besitzes brachten, begann man 1702 mit der völligen Erneuerung der Klosteranlage. Baumeister der bis heute bestehenden Gebäude war Giovanni Antonio Viscardi. Er entwarf die rechteckige Klosteranlage, die mit zwei Innenhöfen die Klosterkirche umschließt und 1707 fertig gestellt wurde.

Der Einsturz des Kirchturms und seine Wiedererrichtung im Jahr 1712 geben einen Hinweis auf die Baufälligkeit der gotischen Kirche, die dazu führte, dass die Klosterherren eine umfassende Neuplanung für einen Ersatzbau einleiteten. 1733 wurde der Grundstein zum neuen Gotteshaus gelegt. Den Auftrag für diesen Kirchenbau erhielt der kurfürstliche Hofbaumeister Jean Francois Cuvilliés d. Ä.. Nachdem 1740 die Arbeiten wegen finanzieller Probleme zeitweise eingestellt werden mussten, beauftragte man 1750 Johann Baptist Gunetzrhainer und seinen Schwager Johann Michael Fischer mit der Fortführung des Baus. Mit dem Hofmaler und -stuckateur Johann Baptist Zimmermann für Stuck und Fresken sowie dem Hofbildhauer Johann Baptist Straub für die Altäre waren die namhaftesten Künstler des süddeutschen Rokoko beauftragt. Gleiches gilt für Balthasar Augustin Albrecht, der die Altargemälde schuf. 1760 wurde die Kirche geweiht.

Nach der Säkularisation im Jahre 1803 und Jahren der weltlichen Nutzung konnte der Benediktinerorden die Gebäude 1866 wieder übernehmen. Im Jahr 1910 wurde das Priorat Schäftlarn erneut zur unabhängigen Benediktinerabtei erhoben.

In der mehr als 250-jährigen Geschichte der Klosterkirche waren stets kleinere und größere Reparaturen notwendig. Die letzte große Restaurierung des Innenraumes erfolgte von 1954 bis 1959.

Die Instandsetzungsmaßnahmen wurden kurz vor Weihnachten 2000 durch sich lösende Stuckteile im Chorraum ausgelöst. Entlang der Gurtbögen in den Gewölben waren deutliche Risse erkennbar. Um die Verkehrssicherheit zu gewährleisten, musste die Kirche bis zum Einbau von provisorischen Schutznetzen unter den Gewölben des Kirchenschiffes gesperrt werden.

Ab Juni 2002 begannen umfangreiche Voruntersuchungen zur Schadenserfassung und zur Erstellung der Haushaltsunterlage.

Aufgrund massiver Schäden an den Holzverbindungen leitete der Dachstuhl horizontale Schubkräfte in die Außenwände ab, was wiederum zu zahlreichen Rissen und Verformungen am aufgehenden Mauerwerk und längs der Gurtbögen der Gewölbe führte sowie Schiefstellungen der Wandpfeiler verursachte.

Die Untersuchung des Baugrundes ergab eine tragfähige Seetonschicht, auf der jedoch nur die westlichen Fundamente der Kirche und der Turm gründen. Die übrigen Fundamente ruhen auf nicht ausreichend tragfähigen Auffüllschichten. Die zulässigen Sohlpressungen wurden dort um das Drei- bis Vierfache überschritten. Durch die exzentrische Belastung des Baugrundes im Bereich der Wandpfeiler, liegt die maximale Kantenpressung sogar noch höher. Um eine Tiefgründung mittels Hochdruckinjektionen und die damit verbundenen Auswirkungen auf das Bauwerk mit seiner wertvollen Ausstattung zu vermeiden, wurde die Technische Universität München im Jahr 2003 beauftragt, ein Konvergenzmesssystem einzubauen, mit dem die Bewegungen des Baukörpers erfasst und beurteilt werden können. 12 Messstrecken werden von einem Robottachymeter täglich gemessen und lassen in Verbindung mit Präzisionsnivellements relativ genaue Rückschlüsse auf die Bauwerksbewegungen zu. Bisher wurden nur geringe Bewegungen und im jahreszeitlichen Rhythmus feststellbare Rückverformungen festgestellt.

Bedeutendstes Ergebnis der restauratorischen Befunde an der Raumschale ist die Feststellung, dass die farbig gefassten Stuckteile zur Bauzeit vergoldet worden waren. Erst bei der Restaurierung in den fünfziger Jahren wurde die Polimentvergoldung abgenommen, da man die darunter liegende Farbfassung als originale Oberflächenfassung interpretierte. Das sensationelle Befundergebnis der originalen Stuckvergoldung konnte eindeutig anhand von Aufzeichnungen aus der Bauzeit sowie historischer Schwarz-Weiß-Aufnahmen und Beschreibungen der Klosterkirche aus der Zeit vor der letzten Restaurierung nachgewiesen werden.

Unter allen Fachbeteiligten, die die Befunduntersuchungen begleiteten, herrschte Einigkeit, dass im Zuge der Restaurierungsmaßnahme die frühere Stuckvergoldung wieder hergestellt werden sollte. Aus den Ergebnissen der Befunduntersuchungen entwickelte das Bauamt gemeinsam mit seinem Restauratorenteam in Abstimmung mit dem Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege ein Restaurierungskonzept, das zunächst in einer Musterachse im Chorraum umgesetzt und erprobt werden konnte. Die dabei gewonnenen Erkenntnisse bildeten die Grundlage für die Haushaltsunterlage und die späteren Leistungsverzeichnisse.

Nach der Genehmigung der Maßnahme durch den bayerischen Landtag wurde die Kirche am Beginn der statischen Instandsetzung im Jahr 2005 bis in Traufhöhe komplett eingerüstet. Im Innenraum erfolgte die Einrüstung an den Seitenwänden zunächst bis auf Höhe des umlaufenden Kranzgesimses.

Eine Stabilisierung der Gewölbeauflager und des aufgehenden Mauerwerks war allein durch die Instandsetzung des Dachwerks nicht möglich. Deshalb waren im Dachraum zusätzliche Tragsysteme erforderlich. Hierzu erfolgte der Einbau von Stahlkonstruktionen als Gewölbeüberfangungen in den Querachsen. Daneben wurden die Risse in Mauerwerk und Wandpfeilern vernadelt und verpresst.

Bei der eigentlichen Instandsetzung des Dachwerks konnten die geschädigten Dachfußpunkte und Balkenverbindungen mit neuen Balken querschnittsgleich repariert und die zerstörte Mauerlatte durch verleimte und verschraubte Eichenbohlen ersetzt werden. Zur Aussteifung des Dachwerks wurde auf der Ebene der Mauerkrone umlaufend eine Scheibe aus Kertoplatten und doppelter Diagonalschalung eingebaut, die kraftschlüssig mit den Wandpfeilern verbunden ist und als Ringanker wirkt. Aussteifend in Quer- und Längsrichtung des Dachstuhles wirken auch im Chorbereich eingebaute Holzfachwerke.

Im Jahr 2007 erfolgte die Erneuerung des Fassadenanstriches. Die Farbgebung greift die unter den jüngeren Anstrichen noch vorhandene originale weiße Kalkfassung mit grüner Fassadengliederung auf und entspricht dem Anstrich der übrigen Klostergebäude.

Die Instandsetzungsarbeiten am Turm umfassten Reparaturen der Spantenfußpunkte und von Teilen der Mauerlatte. Diese Arbeiten konnten von innen durchgeführt werden, so dass die Turmhelmverblechung von 1880 lediglich repariert werden musste.

Für die Innenrestaurierung wurde Anfang 2008 zunächst das vorhandene Innengerüst durch ein Raumgerüst ergänzt, das den Innenraum stützenfrei über eine Breite von ca. 10 Meter überspannte. Dadurch konnte die Kirche für Gottesdienste am Wochenende weiter genutzt werden.

Parallel zur Reinigung und der Tüncheschichtabnahme an der Raumschale wurde an den gereinigten Flächen die Restaurierung von Putz und Stuck durchgeführt. Die mechanische Sicherung loser Putz- und Stuckteile erfolgte je nach Größe der Schäden durch Injektionen bzw. durch Rückverankerung mit Polyamid-Gewindestangen am Untergrund. Verkrustungen und Salzausblühungen wurden mit Sumpfkalkkompressentechnik behandelt. Nicht mehr konservierbare Putz- und Stuckteile musste man entfernen und mit den originalen Materialien nachbilden.

Im Anschluss erfolgte die Wiederherstellung der Polimentvergoldung des Stuckes. Die Farbigkeit des Goldes und des Bolushintergrundes wurde vorher möglichst genau auf das noch im Original vorhandene Gold der Altäre abgestimmt. Nach der Stuckvergoldung konnten die restlichen Stuck- und Putzoberflächen mit Sumpfkalklasuren und Kalktünchen in fein abgesetzten Weißtönen gefasst werden.

Stuck unter Orgelempore alt
Stuck unter Orgelempore neu

Im Sommer 2008 begannen die Restaurierungsarbeiten an den original erhaltenen Fresken von J. B. Zimmermann. Wesentlicher Teil der Arbeiten war die Feuchtreinigung der Malschicht und die Abnahme von anquellbaren Fixierungen, Retuschen und Übermalungen. Anschließend wurden bindungsarme oder sich abhebende Malschichten konsolidiert und fixiert. Putzablösungen und kleine Putzfehlstellen im Bereich der Fresken wurden gefestigt bzw. ergänzt. Fehlstellen und störende Veränderungen an der Malschicht wurden retuschiert, Kittungen und Putzergänzungen freskal grundiert. An den Zwickelbildern der Kuppeln stellte man die bauzeitliche Mordentvergoldung und die durch Befunde gesicherte originale Farbigkeit der Schriftmedaillons wieder her.

Vorher
Nachher

Im September 2009 waren die Arbeiten an der Raumschale oberhalb des umlaufenden Kranzgesimses und am Großteil der Wandflächen abgeschlossen. Nach dem Abbau des Raumgerüstes präsentierte sich nun zum ersten Mal seit über fünfzig Jahren die Raumschale wieder im ursprünglichen Zustand der Stuckvergoldung.

Ab Mai 2009 wurden die Elektroinstallationen der Kirche erneuert. Da die alte Kniebankheizung aus den sechziger Jahren mit ihren hohen Temperaturen einen nicht unerheblichen Anteil an der Verschmutzung der Raumschale hatte, entschied man sich für ein modernes und denkmalgerechtes Heizsystem in Form einer Sitzkissenheizung auf den Kirchenbänken. Die zuvor eingebauten Pendelleuchten, die das Kirchenschiff nur unzureichend ausleuchteten, wurden durch ein dreistufiges Pendelleuchtensystem ersetzt, dessen direkte und indirekte Lichtanteile programmgesteuert den unterschiedlichen Gottesdienstanforderungen angepasst werden können. Daneben wurde auch eine neue Liedanzeige und Lautsprecheranlage installiert. Mit der Montage einer Einbruchmelde- und Brandmeldeanlage werden die Elektroarbeiten demnächst abgeschlossen.

Drache der Hl. Juliana - rechte Altarfigur (Straub)

Die Hauptarbeiten im Jahr 2010 umfassten die Restaurierung der Altäre mit den Weißfiguren. Neben der Reinigung und Fassungssicherung wurden dabei unschöne Überarbeitungen aus der Zeit der letzten Restaurierung entfernt. Die Altäre erhielten anschließend einen neuen Lacküberzug. Auch bei den drei Leinwandbildern der Altäre wurden nach Reinigung und Bildschichtfestigung die farblich sich abhebenden Retuschen der Vergangenheit entfernt und vorsichtig ergänzt.

Das Orgelgehäuse war bei der Erneuerung der Orgel vor 15 Jahren farblich dem damaligen Erscheinungsbild des Kirchenraumes angepasst worden. Auf Grundlage der Befundergebnisse entschied man sich für eine neue Weißfassung des Gehäuses, die sich an der Raumschale orientiert. Der historische Fassungsbestand blieb unter der neuen Fassung erhalten.

Eine weitere für die Nutzung der Kirche wichtige Aufgabe war die Neugestaltung der Sakristei im Jahr 2010. Der Bodenaufbau musste dabei komplett erneuert werden. Unter dem neuen Solnhofener Plattenbelag wurde in einem Teilbereich eine Fußbodenheizung installiert. Die vom Kloster beauftragte neue Sakristeimöblierung bietet nun den angemessenen Rahmen für die Vorbereitung der Gottesdienste.

Nach dem Abbau der restlichen Gerüste in den Seitenaltarnischen Ende 2010, konnte im Frühjahr 2011 die Restaurierung des originalen Kirchenbodens aus Solnhofener Platten und Ruhpoldinger Marmor fortgeführt werden. Parallel dazu wurde im Friedhof der Zugang zum Hauptportal und zur Krippenkapelle mit Granitstufen neu gestaltet.

Kredenz

Anschließend wurde in der Kirche die holzsichtige Ausstattung restauriert. Das Chor- und Laiengestühl wurden dabei gründlich gereinigt und Holzfehlstellen ergänzt. Danach wurden die Oberflächen mit Leimlösche und Ölharz überzogen.

Chorgestühl rechts

Nach dem Einbau einer Alarmanlage wurde die Generalsanierung der Klosterkirche im Jahr 2012 beendet.